John Rabe – Endstation Siemensstadt / Projekt

Wer war John Rabe? Menschenretter und Held auf der einen, Mitglied der NSDAP, Profiteur kolonial geprägter Strukturen und trauriger Kriegsverlierer auf der anderen Seite.

Die in Berlin lebende japanische Komponistin Mayako Kubo trägt schon lange den Gedanken, die ambivalente Persönlichkeit John Rabes künstlerisch auszuleuchten. Für das modern art ensemble hat sie unter dem Titel „John Rabe – Endstation Siemensstadt“ eine Szenenfolge nach Tagebuchaufzeichnungen entwickelt, die der Person John Rabes nachspürt. Das Historikerlabor e.V. schafft den Rahmen für die historischen Fakten und Quellen um die widersprüchlichen Lebensumstände dieses Spandauers. Die so entstandene Konzertperformance mit Historiker:innen, Flöten, Perkussion, Streichquartett und Elektronik wird am 15. Oktober 2021 in der Zitadelle Spandau uraufgeführt.
Im Vorfeld zur Uraufführung lädt das Historikerlabor am 2. und 3. Oktober zu einem performativen Stadtspaziergang im entwicklungsfreudigsten Stadtteil Berlins: SIEMENSSTADT. Die spielerische Entdeckertour mit sportlichen Einlagen, Gesprächen, Musik und elektrischen Experimenten gibt anschauliche Einblicke in die Entstehung des Siemens-Konzerns, in die Planung dieses Stadtteils und in die Biografie des "Guten Deutschen von Nanking".

John Rabe - © Privatarchiv

John Rabe © Archiv John Rabe Kommunikationszentrum e.V.

 
Hintergrund:

John Rabe zieht 1908 nach China, das nach dem ersten Opiumkrieg einige Häfen für die koloniale Wertschöpfungskette öffnen und den freien Handel für ausländische Kaufleuten ermöglichen musste. China wurde immer mehr zu einer Kolonie der Europäer. Seit 1931 ist John Rabe Geschäftsführer der Siemens-Niederlassung in Nanking, wo er sich im japanisch-chinesischen Krieg 1937 für den Schutz der dortigen Zivilbevölkerung einsetzt und als Vorsitzender eines international aufgestellten Komitees maßgeblich an der Rettung von tausenden Chines:innen vor der Ermordung durch die japanische Armee beteiligt war. Gleichzeitig war er NSDAP-Mitglied, wurde nach Deutschland zurückbeordert, von der Gestapo verhört, zum Schweigen gezwungen und verlor seine frühere Stellung bei Siemens. 1945 erlebte er das Ende des 2. Weltkrieges in seiner Wohnung in Siemensstadt.